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01.07.2009 17:00

Wettenberg Krofdorf Gießen

Hessen

Mehrere Millionen Schaden bei Großbrand

Wettenberg - Als um 17.11 Uhr die Meldung einer unklaren Rauchentwicklung auf einem Gelände an den Krofdorfer Augärten bei der Leitfunkstelle in Gießen einging, ahnte noch keiner, dass der Kreis Gießen eines der größten Feuer der vergangenen Jahren erleben würde.
Nur fünf Minuten später kamen die ersten Kräfte am Einsatzort an, und schnell stand fest, dass es hier ein Großbrand zu löschen war. In Flammen standen zwei, insgesamt 6000 Quadratmeter große, mit Polstermöbeln und Küchen prall gefüllte Lagerhallen, die in den folgenden knapp fünf Stunden niederbrannten. Rund 200 Einsatzkräfte aus dem gesamten Kreisgebiet kämpften gegen das Feuer, durch das allein beim Inventar ein Schaden von rund 2,5 Millionen Euro entstand. Die genaue Ursache ist noch unklar. Verletzte gab es nach Angaben der Kriminalpolizei keine.

In die Obhut der Rettungsdienste musste sich eine Kollabierte Feuerwehrfrau begeben. Später wurde ein womöglich verunglückter Feuerwehrmann abtransportiert.

Schon von Weitem kündeten immens hohe Rauchwolken von dem Feuer, viele Kilometer entfernt waren sie sogar in nicht unmittelbar angrenzenden Gemeinden zu sehen - bis hinunter in die Wetterau. Und zunächst schien es vor Ort, als kämpften die Einsatzkräfte vergebens gegen die Flammen. »Viel zu wenig Wasser«, meinten einzelne Zaungäste. Später bestätigte Erster Kreisbeigeordneter Dirk Oßwald im Gespräch mit der Presse: »Am Anfang hat Wasser gefehlt, eindeutig.«
Immer mehr Feuerwehren wurden alarmiert. Zwei Stunden nach Ausbruch des Feuers waren schließlich rund 200 Floriansjünger aus Wettenberg, Biebertal, Heuchelheim, Gießen, Fernwald, Linden, Buseck, Wetzlar und Lahnau, die Werksfeuerwehr Buderus sowie alle Großtanklöschfahrzeuge aus dem Kreis Gießen unter Leitung von Wettenbergs Gemeinde-Brandinspektor Horst Marquardt im Einsatz. Erschwert wurden die bis in die späten Abendstunden andauernden Löscharbeiten in den ersten beiden Stunden durch den ständig drehenden Wind und die enorme Hitzeentwicklung. Gegen 19.20 Uhr war das Feuer unter Kontrolle. Kurz vor 22 Uhr hieß es erst: Feuer aus!

Polizistin: »Ich hab’ Angst, dass uns das hier bald alles um die Ohren fliegt.«

An Ort und Stelle waren zahlreiche Rettungsdienst-Angehörige von Johannitern und DRK, zwei Notärzte, die organisatorische Rettungsdienstleitung, Katastrophenschutz und THW sowie die Brandschutzaufsicht von Regierungspräsidium und Innenministerium. Um die Versorgung der Einsatzkräfte kümmerte sich die Schnelleinsatzgruppe des DRK.

Von Minute zu Minute mehr Schaulustige fanden sich am Augarten südlich des Dorfes ein, um das Geschehen zu verfolgen, dokumentierten es mit Foto- und Handykameras. Irgendwann riegelte die Polizei das Gelände komplett ab - auch unter Androhung von Festnahmen. Der Grund: Die Flammen breiteten sich immer weiter aus, kamen der ebenfalls auf dem Gelände befindlichen betriebseigenen Tankstelle gefährlich nahe. »Die müssen hier weg!«, rief eine Polizisten ihrem Kollegen zu. »Ich hab’ Angst, dass uns das hier bald alles um die Ohren fliegt.« Später wurden selbst fotografierende Journalisten nicht mehr in den oberen Bereich vorgelassen. Laut Dr. Thomas Stumpf von der Brandschutzaufsicht beim Gießener Regierungspräsidium habe es aber »nie eine konkrete Gefahr gegeben«. Gefährlich hörte es sich jedoch an, als zwei auf dem Dach gelagerte Gasflaschen während der Löscharbeiten explodierten. Der 72-Jährige Hermann Euler aus Gießen entspannte sich gerade in seinem Garten im Uferweg, als er einen »dumpfen, lauten Knall« hörte. »Ich dachte, die hätten im Eltersberg gesprengt.«

Über die Brandursache wurde nur spekuliert. Fest steht, dass das Dach des Möbellagers abschnittsweise saniert wurde. Gestern hatten Dacharbeiter dort Bitumenbahnen verklebt. Die Beamten der Kriminalpolizei sprachen gestern offiziell noch von einer »unklaren Brandursache«. Heute werden erneut Brandermittler das Gelände untersuchen, möglicherweise wird sogar das Landeskriminalamt eingeschaltet.

Anfangs konnten die Schaulustigen bis ans Firmengelände vordringen, später riegelte die Polizei die Straße am Augarten ab.
Firmenchef Frank Sommerlad hatte gegen 17 Uhr von einem Mitarbeiter von dem Feuer erfahren. Das Lager sei zu diesem Zeitpunkt schon geschlossen gewesen. Ein Mitarbeiter des Wachdienstes habe den Brand bei einer Kontrolle bemerkt. Zeitgleich hatten Passanten die starke Rauchentwicklung von außen wahrgenommen und den Sicherheitsdienst verständigt. Sommerlad sprach von »Glück, dass keine Personen zu Schaden« gekommen seien. Er schätzte allein den materiellen Schaden, also die Summe des vernichteten Inventars, auf rund 2,5 Millionen Euro - von den Folgen für Geschäft und Kunden ganz zu schweigen.

Bis zum Abschluss der Ermittlungen darf an dem Gebäude nichts verändert werden

Im jenem Bereich des Zentrallagers im Gleiberger Feld - dort, in Richtung obere Hardt, wo das Feuer ausgebrochen war - lagerten Polstermöbel und Matratzen. Die hintere Halle war mit »sehr wertvollen« Küchenmöbeln bestückt. Da es sich bei dem Siebziger-Jahre-Bau um das einzige Lager des Unternehmens handelte, steht für den Firmenchef heute zunächst eine Krisensitzung an. Irgendwie will er versuchen, mit Hilfe der Kommunal- und Kreispolitik vorrübergehende Lagerräume zu finden. Bis die Ermittlungen abgeschlossen sind, darf an dem Gebäude jedenfalls nichts verändert werden.

Wegen der Rauchentwicklung wurden die Anwohner aufgefordert, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Über Dutenhofen, so eine Leserin dieser Zeitung, habe es Rußpartikel geregnet. Das Einsatzgebiet wurde weiträumig abgesperrt, der Verkehr umgeleitet.

Landrat-Stellvertreter lobt die Arbeit der insgesamt über 300 Einsatzkräfte

Kurz vor 18 Uhr war der vom stellvertretenden Kreis-Brandinspektor Marcus Leopold informiert Erste Kreisbeigeordnete Dirk Oßwald an der Einsatzstelle. Mit Leopold, Einsatzleiter Marquardt und Dr. Thomas Stumpf von der RP-Brandschutzaufsicht sowie einem aus Wiesbaden hinzugezogenen Fachmann der Oberen Brandschutz-Aufsicht beim Innenministerium verfolgte er drei Stunden an den Einsatzstellen ebenso wie im ELW 2 die Entwicklung der Schadenslage. Am späten Abend lobte er die insgesamt über 300 Einsatzkräfte, die dank ihres schnellen Eingreifens ein Übergreifen des Feuers auf die Schreinerei, die weiteren Lagerhallen, den benachbarten Markt sowie die Betriebstankstelle und damit noch größeren Schaden oder gar eine Katastrophe verhindert hätten. »Die schnelle Rekrutierung zusätzlicher Wehren aus dem gesamten Westkreis wie aus der Gemeinde Lahnau sowie einzelner Fahrzeuge aus dem gesamten Kreisgebiet war beeindruckend und hat deutlich gezeigt, wie wichtig das Funktionieren der ehrenamtlichen Strukturen unserer Feuerwehren und deren adäquate Ausstattung mit Fahrzeug und Material ist«, sagte der Landrat-Stellvertreter.

Die Einsatzleitung wusste, was wo zu tun ist.
Beeindruckt aber war er zudem von der schnellen Verfügbarkeit und Einsatzstärke der rund 100 Kräfte des Rettungsdienstes, die binnen kurzer Zeit mit Sanitätszug, Rettungs- und Notarztwagen nicht nur die Versorgung möglicher Verletzter, sondern mit ihrem Versorgungszug auch Getränke für die Einsatzkräfte und 500 Mahlzeiten zubereitet hatten. »Das Zusammenspiel zwischen den Einheiten der Gefahrenabwehr im Landkreis Gießen aus Berufsfeuerwehr, Werksfeuerwehr Schunk, den Freiwilligen Feuerwehren, DRK, Johanniter und THW hat vorbildlich funktioniert.« Gegenüber Firmenchef Sommerlad sicherte Oßwald jede Unterstützung des Landkreises zu, um kurzfristig und unbürokratisch den Fortgang des Betriebes und danach einen zügigen Wiederaufbau sicherzustellen. Zunächst braucht das Unternehmen vorübergehend ein anderes Möbellager.


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